Rote Gebiete: Gibt Voronoi die neuen Grenzen vor?

In der Bauernzeitung (Ausgabe 5.Woche 2022 vom 04.02.2022) fand ich einen Artikel unter dieser Überschrift in der Rubrik Agrarpolitik. Für uns die sich viel mit der Regionalisierung von Punktmessungen und Geostatistik beschäftigen, steht hinter dem Namen Voronoi ein bekanntes und auch von uns angewandtes mathematisches Verfahren. Aber was hat das mit Politik zu tun?

Voronoi-Diagramme vs. Thiessen-Polygone und erfunden hat es ein Deutscher

Beginnen möchte ich mit der Definition und hier bediene ich mich des Wikipedia-Artikels. Es geht um die Zerlegung eines Raumes bzw. einer Fläche in Regionen anhand von Punkten, hier als Zentren bezeichnet. Oder andersherum, es wird zu jedem Punkt z.B. eines Messstellennetzes eine zugehörige Fläche berechnet. Die folgenden zwei Abbildungen helfen beim Verständnis.

Abbildung 1: Beispiel eines Voronoi-Diagramms, berechnet aus einer vorgegebenen Menge von Punkten, Quelle Wikipedia
Abbildung 2: Das Wachstum von Voronoi-Regionen aus Punkten, Quelle Wikipedia

Das Verfahren wurde in der Geschichte immer wieder erfunden, bekannt sind u.a. die Quellen von Herrn Woronoi 1908 (ein russischer Mathematiker ukrainischer Herkunft) und dem Herrn Thiessen 1911 (Meteorologe aus den USA). Die erste bekannte Veröffentlichung kommt von Dirichlet 1850 (ein deutscher Mathematiker), hier heißt das Verfahren Dirichlet-Zerlegung. Gebräuchlich sind die Bezeichnung Voronoi-Diagramme und aus dem englischen Sprachraum kommend Thiessen-Polygone.

Geostatistische Bewertung

Das Verfahren ist ein vergleichsweises einfaches Interpolationverfahren der Geostatistik zur Zuordnung von Messdaten an Punkten in die Fläche. Es bildet insofern eine schlechte Näherung an die beobachtbare Realität, da an den Polygongrenzen scharfe Wertesprünge auftreten. Fließende Übergänge zwischen zwei Messwerten können mit dieser Methode also nicht dargestellt werden.

Sinnvoll in der Praxis ist dieses Verfahren nur bei einer hohen Dichte von Punkten/Messstellen oder einer gewünschten starken Vereinfachung. Ein Besuch der Webseite der Bundesanstalt für Wasserbau zeigt, das im Bereich Grundwasser die Realität eine komplexe ist, siehe die untere Abbildung.

Abbildung 3: Grundwassermodell für den Retentionsraum Kulturwehr Kehl (Quelle Webseite Bundesanstalt für Wasserbau)

Die Modellierung in diesem Beispiel basiert auf einer Unmenge an Punkten, hier in einer sogenannte Delaunay-Triangulierung. Deren Zusammenhang mit Voronoi-Diagrammen (in der Mathematik ein dualer Graph) wird in folgender Abbildung sichtbar.

Abbildung 4: Voronoi-Diagramm (orange) und Delaunay-Triangulierung (schwarz), Quelle Wikipedia

Und was bedeutet das nun für die Bestimmung der roten Gebiete?

Wenn das Verfahren Voronoi-Diagramme Grundlage der Bestimmung der roten Gebiete werden sollte, benötigt man für eine ausreichende Aussagekraft eine möglichst hohe Dichte von Messstellen.

Interessant für uns, eher ärgerlich wegen der Ungewissheit für unsere Kundschaft sind die zu erwartenden Gerichtsprozesse und deren Urteile zur Bewertung dieses geostatistischen Verfahrens.

Wieviel Messstellen, welche Messstellendichte sind rechtlich für eine Gebietsausweisung nötig? Übrigens, das die Messtellen qualitativ sauber messen ist aber auch hier die Grundvoraussetzung.

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