Über anerkannte Methoden des Versuchswesens in der Pflanzenproduktion

Seit der Gründung der EXAgT GbR „Büro für präzise Agronomie“ sind für uns produktionsintegrierte Großparzellenversuche (PiG) ein wichtiger Teil unserer Aufgaben. Wie sich unsere Tätigkeitsfelder PiG und die von uns entwickelten digitalen Bonituren in das Versuchswesen einordnen, wollen wir in diesem Newsletter darstellen.

Der Bedarf an Versuchen in der Pflanzenproduktion ist hoch, neue Entwicklungen aber auch Versprechungen bei Züchtung, Düngung, Pflanzenschutz, Technik oder Produktionsverfahren erfordern eine ständige, objektive Überprüfung.

Bei solchen Versuchen gilt: „Das Besondere daran ist, dass die Natur uns die Antworten darauf selbst gibt.“ (Zitat Dr. Gerhard Hartmann, Leiter des Dezernats 22 „Regionale Feldversuche, Sortenprüfung“ der LLG Sachsen-Anhalt, Bauernzeitung 24. Woche 2017, Seite 15). Die Herausforderung besteht darin, die Antworten der Natur auch richtig lesen und interpretieren zu können! Dies ist nur mittels Versuche auf wissenschaftlicher Grundlage möglich.

Vor den Antworten müssen die Fragen und Hypothesen richtig formuliert werden. Das geschieht indem mehrere Prüfglieder (Varianten, Versuchsglieder) definiert und der Frage entsprechend angelegt werden. Die Ergebnisse (Ertrag, Erfolg, Auswirkung usw.) sind dann vergleichbar.

Am einfachsten ist dies bei einfaktoriellen Versuchen. Dies sind z. B. einfache N-Steigerungsversuche, für jedes PG (Prüfglied) ist eine definierte Düngemenge vorgesehen, z. B. PG1 mit 0 kg/ha, PG2 mit 50 kg N/ha und PG3 mit 100 kg N/ha. Möchte man damit kombiniert verschiedene Düngertypen (Gülle, Gärrest, Kalkammonsalpeter, Harnstoff) testen, wird dies als zwei- oder mehrfaktorieller Versuch bezeichnet, die Anzahl der Prüfglieder steigt entsprechend in die Höhe.

Die Prüfglieder werden in jeweils einen Block (Versuchsblock) räumlich zusammengefasst und diese Blöcke drei bis viermal wiederholt. Innerhalb der Blöcke sollte die Abfolge der Prüfflieder zufällig gewählt (randomisiert) sein. Diese Maßnahmen reduzieren den Einflussfaktor Standort bzw. Boden.

Ab diesem Punkt gibt es Unterschiede zwischen den „normalen“ Exaktversuch auf der Kleinparzelle und den produktionsintegrierten Großparzellenversuchen. Diese sollen im Folgenden dargestellt werden.

Der Exakt-, Feld-, Parzellenversuch

Hier gilt der Grundsatz das alle Einflussfaktoren, die man nicht untersuchen möchte, möglichst gleich sein sollten (ceteris paribus). Um den Einfluss des wesentlichen Faktors Boden gering zu halten, wird neben den oben beschriebenen Maßnahmen, wie die Wiederholung und Randomisierung die Fläche/Parzelle für ein Prüfglied klein gehalten, die Größe liegt in der Regel bei einigen Quadratmetern und man arbeitet möglichst auf homogenen Feldern.

Abbildung 1: Versuchsbeschreibung N-Steigerungsversuch in Wintergerste

Abbildung 2: Parzellen mit Wiederholungen

Abbildung 3: Nullparzelle

Abbildung 4: Prüfglieder 80-70-40 kg N/ha

Diese doch geringe Parzellengröße hat zur Folge, dass für die Versuchsdurchführung spezielle Versuchstechnik eingesetzt werden muss, bei den als Beispiel herangezogenen N-Steigerungsversuchen wären das eine spezielle Drillmaschine, Düngerstreuer und Parzellenmähdrescher.

Abbildung 5: Exaktversuchstechnik

Bei der Ernte der Parzellen wird entweder die gesamte Parzelle oder ein definierter Bereich der Parzelle (Kerndrusch) geerntet und so der Ertrag je Hektar ermittelt.
Aufgrund der Wiederholungen muss eine statistische Auswertung durchgeführt werden. Am Ende der Auswertung erhält man eine Aussage, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Differenz der Zielvariable (z. B. Ertrag) zwischen zwei Prüfgliedern tatsächlich auf den untersuchten Faktor (z. B. die Höhe der N-Düngung) zurückgeführt werden kann. Sind die Unterschiede bei der Zielvariablen signifikant, dann liegt es sehr wahrscheinlich am untersuchten Faktor. Ergeben die Statistiktests „keine Signifikanz“, sind die unterschiedlichen Erträge höchstwahrscheinlich zufällig. Ohne Statistik im Versuchswesen kann nicht beurteilt werden, wie es um die Aussagekraft von jeglichen Versuchen bestellt ist.

Produktionsintegrierte Großparzellenversuche (PiG) auch gleichbedeutend mit On-Farm-Experimente (OFE) oder On-Farm-Research (OFR)

Produktionsintegrierte Großparzellenversuche (PiG) werden in der Regel auf ganzen Schlägen oder Teilschlägen in Praxisbetrieben angelegt. Dieses hat den Vorteil, keine spezielle Technik zu benötigen, außerdem kann die Versuchsanlage wie auch die Ernte in den normalen Produktionsprozess integriert werden. Die Versuchsergebnisse sind damit unter weitgehend betriebsspezifischen Bedingungen erzielt worden. Es entstehen also praxisbezogene Ergebnisse, die auch für den Betrieb aussagekräftig sind.

Wo liegt aber das Problem? Der Grundsatz von Exaktversuchen, das alle Einflussfaktoren, die man nicht untersuchen möchte, möglichst gleich sein sollen, lässt sich hier nicht einhalten. Je größer die Fläche umso mehr variieren die Faktoren wie Boden, Nährstoff- und Wassernachlieferung, Mikroklima usw. eher zufällig. Die klassischen Versuchsdesignregeln wie Wiederholungen und Randomisierung, die die Einflüsse dieser Faktoren verhindern sollen, bringen hier nicht den erhofften Erfolg.

Abbildung 6: PiG Versuchsdesign, links ein nicht randomisierter Versuch, rechts zum Vergleich eine Planung mit randomisierten Prüfgliedern

Was kann man dagegen tun? — Genau diese Faktoren erfassen und ihre Einflüsse auf das Ergebnis berücksichtigen! Wir nennen diese übrigens Störgrößen oder Erklärende.
Hilfreich dafür sind hoch aufgelöste georeferenzierte Daten (Relief-, Nährstoff-, Bodenqualitäts-, Bodenfeuchte-, Biomasse- usw. Karten). Die Wirkungen dieser Störgrößen können dann in die Auswertung der Versuche berücksichtigt werden. Neben vorliegenden digitalen Karten kann z. B. aus den während der Ertragskartierung aufgezeichneten GPS Koordinaten ein digitales Höhenmodel berechnet werden, aus dem sich wiederum verschiedene andere Reliefparameter ableiten lassen. In der statistischen Auswertung werden die Einflüsse der Störgrößen auf die Zielvariable bestimmt, in der Analyse wird errechnet, ob es signifikante Einflüsse auf die Zielvariable gibt. Auch hier erhält man nach der statistischen Auswertung eine Aussage, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Unterschied zwischen zwei Prüfgliedern signifikant auf den untersuchten Faktor (z. B. die Höhe der N-Düngung) zurückgeführt werden kann. Im Gegensatz zum normalen Exaktversuch ist die statistische Auswertung allerdings wesentlich komplexer. Wir haben uns hier von Prof. Brenning (Uni Jena, Lehrstuhl für Geoinformatik) helfen lassen. In gemeinsamer Arbeit haben wir unser geostatistisches Auswertungsprogramm PiGSTAT (Statistische Analyse von produktionsintegrierten Großparzellenversuchen mit R) konzipiert, erstellt und getestet. Damit haben wir alle bisherigen PiG-Versuche erfolgreich und auf wissenschaftlicher Basis auswerten können.

In einer Versuchsserie wurden auf Anregung des Versuchsanstellers die Ergebnisse unserer PiG-Versuche mit denen von ebenfalls in der Fläche liegenden Exaktversuche verglichen, dabei stimmten die Aussagen beider Versuchsformen gut überein.

Abbildung 7: Karte der standardisierten Residuen einer PiGSTAT- Auswertung

Als Beispiel für einen Analyseschritt in PiGSTAT ist die geostatistische Überprüfung von Abweichungen in den Ergebnissen. Die Karte der standardisierten Residuen zeigt mögliche räumliche Häufungen von Ausreißern oder von Bereichen negativer oder positiver Modellabweichung. In blauen Bereichen, die hier v.a. entlang der Feldränder auftreten, liegen die Beobachtungen mindestens zwei Standardabweichungen unter der Modellvorhersage. Im vorliegenden Falle wäre das Entfernen dieser Randbereiche aus dem Datensatz empfehlenswert, sofern es sich um Artefakte (z.B. Abweichungen der Ertragskartierung beim Einsetzen ins Schwad) handelt.

Bonituren

Da bei Versuchen, egal ob Exaktversuche oder PiG nicht allein der Ertrag von Bedeutung ist, werden im Rahmen der Versuchsdurchführung noch viele andere Daten erfasst. Dies können Parameter sein wie Aufgangsrate, Wuchshöhe, Unkrautbesatz, Krankheitsbefall, Pflanzendeckungsgrad, Strohdeckungsgrad, Stroheinarbeitung in den Bearbeitungshorizont usw. Hierfür entwickeln wir und setzen, wenn möglich, digitale Verfahren ein. Dies führt neben der Verringerung des Arbeitsaufwandes für die Bonituren zu objektiveren Ergebnissen. Die Boniturdaten werden entweder über Parzellennummern oder über die GPS-Koordinaten der einzelnen Fotos den einzelnen Prüfgliedern zugeordnet.

Abbildung 8: Automatische Pflanzenerkennung aus digitalen Fotos zur Bestimmung der Aufgangsrate

Fazit

Das Versuchswesen ist wichtig und die einzige Möglichkeit, um die Antworten der Natur richtig lesen zu können. Exaktversuche haben ihre Bedeutung im Versuchswesen und werden diese auch behalten. Produktionsintegrierte Großparzellenversuche (PiG) sind nicht per Definition ungenau. Die Variabilität der Einflussfaktoren außerhalb der Versuchsfrage lassen sich durch die Erfassung von Störgrößen und deren weiteren Verarbeitung in der statistischen Versuchsauswertung berücksichtigen. Die Auswertung solcher Versuche ist aufwendiger, die Aussagen allerdings genauso statistisch abgesichert wie im Exaktversuch, der wiederum hohen Aufwand in der Umsetzung erfordert.

Bonituren sind während der Versuchsausführung egal ob Exaktversuch oder PiG eine wichtige Quelle zur Erhebung von zusätzlichen Daten, digitale Verfahren helfen dabei den Arbeitsaufwand zu reduzieren und die Ergebnisse zu objektivieren.

Quellen:

  • Landwirtschaftskammer NRW – Versuch macht klug (http://www.landwirtschaftskammer.de/landwirtschaft/ackerbau/beratung/versuchswesen.htm)
  • PiGSTAT Dokumentation
  • Leitfaden zur Einordnung, Planung, Durchführung und Auswertung von Versuchen unter Produktionsbedingungen (On-Farm-Experimente), AG Landwirtschaftliches Versuchswesen der Biometrischen Gesellschaft

Fragen Sie uns, wir freuen uns auf Ihre Aufgaben und schätzen Ihre Herausforderungen.

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