Satellit versus Pflanzensensor

In den letzten Wochen wurde die Diskussion Satellit versus Sensor für die N-Düngung und den Pflanzenschutz wieder verstärkt aufgenommen.
Mit dem im März 2017 gestarteten zweiten Sentinel-2 stehen in unseren Breiten jetzt ungefähr alle 3 Tage Bilder zur Verfügung, d.h. die Verfügbarkeit von aktuellen, hochauflösenden (bis 10x10m²) Bestandesinformationen für unsere Felder ist wesentlich besser geworden. Kann damit der Satellit die traktorgebundenen Pflanzensensoren ersetzen?
Nach unseren langjährigen praktischen Erfahrungen funktioniert z.B. der YARA N-Sensor sehr gut, Bedingung dafür ist, dass man ihn richtig anwendet.
Das heißt im Umkehrschluss allerdings nicht, dass Anwendungen die auf Satellitendaten aufbauen, „minderwertig“ sind.
Wir wollen hier unsere eigenen Erfahrungen und unser Wissen zum Thema praktische Anwendung von Sentinel-2 Bildern zur angepassten und differenzierten N-Düngung in Winterraps darstellen.
Seit Herbst 2017 bieten wir die Erstellung von Applikationskarten für die variable Andüngung im Frühjahr aus Herbstbefliegungen an. Begonnen haben wir mit Drohne und Multispektralsensor, dann sind bedingt durch Engpässe bei der Drohnenbefliegung (Tageslänge, Lichtverhältnisse, Wetter, Anfahrt) auch Satellitenbilder dazugekommen. Anfangs skeptisch, waren die Landwirte und wir über die aktuellen Verfügbarkeiten und Qualitäten erstaunt. So lag die Entscheidung nahe, auch diese Datengrundlage zu nutzen.
Aus unserer Erfahrung (seit 1999/2000 mit Einführung der ersten, damals noch Hydro N-Sensoren) und vielen Projekten auch mit Industriepartnern haben wir das nötige Wissen und die Fähigkeiten aus verschiedenen Pflanzensensoren N-Aufnahmekarten für Winterraps abzuleiten. Für die Nutzung von Daten aus dem Orbit haben wir das natürlich gut anwenden können.

Zurück zur Praxis:

Verwendet wurden Bilder die zum einen einer Atmosphärenkorrektur (herausrechnen der Einflüsse von Dunst/Staub) sowie wenn notwendig, einer geometrischen Korrektur (Entzerrung, Lagegenauigkeit) unterzogen wurden.
Die für die Berechnung der N-Aufnahme notwendigen Kanäle haben im Original eine Auflösung von 10×10 m² und/oder 20×20 m². Durch das sogenannte „Sharpening“ konnten alle notwendigen Daten in einer Auflösung von 10×10 m² bereitgestellt werden. Diese Auflösung reicht für N-Applikationskarten völlig aus, Drohnenbilder mit einer Bodenauflösung von 10×10 cm² sind hoch interessant, aber für diesen Zweck eher zu genau und wurden auf 10×10 m² hochgerechnet.
Durch geopositionierte Referenzmessungen (Biomasseschnitte) am Boden („ground truth“ oder „in situ“) werden den Satellitenbildern konkrete N-Aufnahmewerte zugeordnet und danach flächige N-Aufnahmekarten erstellt.
In der Praxis zeigte sich die Brauchbarkeit von Sentinel-2 Bildern für die Erzeugung von N-Aufnahmekarten in Winterraps, die folgende Abbildung von einer aus Sentinel-2 Bildern abgeleiteten N-Aufnahmekarte zeigt die Qualität der Bilder. Die Bearbeitungsrichtung auf den einzelnen Feldern ist klar erkennbar, die sich abzeichnenden Strukturen entsprechen der Realität in ihrer Lage und der Höhe der am Boden gemessenen N-Aufnahmen.
Abbildung 1: N-Aufnahmekarte Winterraps von fünf Schlägen im Spätherbst 2017 nach schwierigen Aussaatbedingungen.

Aus den N-Aufnahmekarten wird in Abstimmung mit dem Kunden DüV-konform eine Applikationskarte für die Andüngung und z.T. Gesamtdüngung berechnet und als Applikationskarte für das jeweilige Terminal dem Kunden übergeben.
Auch wenn die Verfügbarkeit von wolkenlosen Satellitenbildern im Herbst für den Zweck der Berechnung der ersten Gabe ausreicht, ist das natürlich im Frühjahr wesentlich kritischer zu sehen. Falls einzelne Bilder im 5 Tagesrhythmus nicht brauchbar sind (Wolken) ist das problematisch, schon in fünf Tagen kann z.B. im Bereich N-Mineralisierung und N-Aufnahme viel passieren! Allerdings werden voraussichtlich 2021/22 zwei weitere Sentinel-2 gestartet, die zeitliche Auflösung wird sich so auf 2-3 Tage verbessern.
Eine weitere Methode, Zeiten ohne Aufnahmen zu überbrücken, ist die Anwendung von Wachstumsmodellen. Diese Modelle funktionieren, sie werden nur immer ungenauer je länger sie ohne neue Daten laufen. Wir verwenden aktuell keine Wachstumsmodelle, da wir im Spätherbst ausreichend gute Bilder haben und die Wachstumsdynamik verhalten ist.
Zu den Kosten der Systeme möchten wir hier nicht viel sagen, außer das bei Pflanzen-Sensoren zu dem jeweiligen Anschaffungspreis jährliche Kosten für die Wartung und oft Lizenzkosten für die Cloudlösungen zur Datenverarbeitung und Applikationskartenberechnung dazukommen. Da soll jeder potenzielle Nutzer seinen Taschenrechner bemühen. Wir gehen bei der qualifizierten N-Streukartenberechnug für die Frühjahresdüngung von Kosten zwischen 10 und 13 €/ha aus, inbegriffen Bereitstellung der Satellitenbilder, Referenzmessungen zur N-Aufnahme in den Beständen, Absprache der Düngungsstrategie (Ertragserwartung, 1- oder 2 mal Gabe, Gülle, N/S-Vorlage usw.), Streukartenberechnung und terminalgerechte Streudatenbereitstellung.
Interessanterweise haben wir auch überzeugte Sensornutzer als Kunden, die aus arbeitsorganisatorischen Gründen oder auch aus Kostengründen (Kosten für die Überfahrt, Datenbearbeitungsaufwand, Planungsunsicherheiten…) unsere Dienstleistung nutzen.

Fassen wir also zusammen:

  • Sentinel-2 Satellitendaten sind durch Atmosphären- und Geometriekorrektur qualitativ hochwertig.
  • die Bodenauflösung von 10×10 m² ist als Grundlage für die N-Düngung völlig ausreichend.
  • Nur durch Referenzmessungen am Boden können aus diesen Daten N-Aufnahmekarten erstellt werden.
  • im Frühjahr/Sommer ist die zeitliche Verfügbarkeit der Bilder kritisch zu sehen, ab 2021/2022 ist Besserung in Sicht.
  • die Anwendung von Wachstumsmodellen kann fehlende Bilder ersetzen, wird aber ungenauer, je länger keine neuen Bilder verfügbar sind.
  • da Sentinel-2 Daten im 5 Tage Rhythmus erst seit Mitte 2017 zur Verfügung stehen, ist es praktisch nicht möglich, auf mehrjährige Versuchsergebnisse zurückgreifen zu können. Da auch wir N-Aufnahmekarten als Basis unserer Berechnungen nutzen, sind wir uns sicher, dass das Verfahren funktioniert, für vergleichende Versuche sind wir offen.

Ein „versus“ gibt es so also nicht! Daten und Bilder aus dem All können und werden zukünftig einen größeren Beitrag zum angepassten und differenzierten Pflanzenbau liefern. Aktuell klappt es mit der variablen N-Andüngung, basierend auf Herbstbildern im Winterraps gut. Für Gerste, Roggen und gut entwickelten Weizen haben wir ebenfalls schon Streukarten gerechnet und testen diese in produktionsintegrierten Großparzellenversuchen (PiG). Für die traktorgebundenen Pflanzensensoren bleibt genug Arbeit in der Frühjahrssaison bei der Bestandsführung (N2+N3+N4, N-Tester nicht vergessen!) und dem Pflanzenschutz.
Wir würden daher sagen, die Systeme können sich gut ergänzen und jedes hat seinen Platz.

Fragen Sie uns, wir freuen uns auf Ihre Aufgaben! Unsere Spezialität sind betriebsspezifische Lösungen, wir schätzen Sie und Ihre Herausforderungen =;-).

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